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Digital trainieren

Robert Peche
17. April 2020

Vereint trainieren in Zeiten sozialer Distanz. Ein Experiment.

"Von einem auf den anderen Tag war alles anders." berichtet Trainer Robert Peche vom Fechtclub Radebeul seine persönliche Erfahrung in der Coronazeit." Fechthalle geschlossen. Gruppentraining verboten. Alle Mitglieder zu Hause. Das Vereinsleben der fast 200 Mitgliedern kam quasi über Nacht zum Erliegen. Fechten bedeutet zusammenkommen und miteinander trainieren. Duelle basieren darauf, dass zwei Personen sich messen, allein ist dies schwer möglich. Nach dem ersten Schock und der Gewissheit, dass es so schnell nicht vorbei sein wird mit dem Virus, kam man zu den Überlegungen, wie man in diesen Zeiten trainieren kann."

Klassische Ideen waren schnell bei der Hand. Trainingspläne für das individuelle Training erstellen, ein paar ausgewählte Youtubevideos zu einer gemeinsamen Liste zusammenstellen und den Sportlern mit ein paar Übungsanleitungen in die Cloud gestellt oder als Mail geschickt. Die ersten Trainingseinheiten der Sportler konnten beginnen. Was fehlte waren Gemeinschaft, Feedback und Kommunikation.

"Endlich können die sozialen Medien mal zeigen was sie drauf haben." dachte sich Robert Peche. Über WhatsApp wurde die Gruppe "Training allein zu Hause" für die Mitglieder erstellt. Hier konnten sie in den folgenden Tagen und Wochen ihr persönliches Training teilen. Videos und Fotos zeigten die Vereinsmitglieder fleißig beim Sport in ihren Gärten, Wohnungen oder bei Ausflügen in der Wohngegend. Irgendwo ging sportlich immer etwas. Auch kreative Tipps zum Bau von Hindernisstrecken oder Stoßpolstern wurden in der Gruppe geteilt. Unterstützend erstellten auch die Trainer des Vereins kleine Videos mit Trainingsideen und Erklärungen. Unzählige Links zu Facebook, Youtube oder Instagram wurden geteilt. Einige größere Sportvereine hatten ihr Training inzwischen online gestellt, allen voran die Basketballer von Alba Berlin oder die Handballern vom DHfK Leipzig. Aber auch für das Fechten fanden sich unheimlich viele Anleitungen zum Training daheim in den sozialen Netzwerken. "Die Mitglieder haben fast schon ein Überangebot an Ideen und Möglichkeiten. Sie müssen sich aber immer noch selbst organisieren, sich einen eigenen Plan erstellen und den inneren Schweinhund davon überzeugen jetzt doch zu trainieren." erklärt Peche.

Stoßpolsterideen

Eine dritte Steigerung im digitalen Trainingsalltag schwappte dann aus den USA nach Deutschland herüber. ZOOM. Software die ursprünglich für Firmenmeetings erstellt wurde, konnte auch für gemeinsames Training genutzt werden. Mit Hilfe dieser Onlinelösung ließen sich plötzlich wieder Trainingsgruppen bilden und man konnte gemeinsam trainieren. Zwar saß jeder allein bei sich zu Hause, aber es gab zumindest einen virtuellen Raum in dem man zusammen war. Gemeinsame athletische Übungen, Beinarbeit oder Theorievermittlung war so plötzlich wieder möglich. "Besonders Videoanalysen und Theorievermittlung haben wir gemacht. Denn diese Punkte vernachlässigt man im Präsenztraining sehr oft." erläutert Trainer Peche.

Onlinetraining

Ein Blick in die USA macht deutlich was alles möglich ist, wenn es denn gar nicht anders geht. Fechten in den USA ist privatwirtschaftlich organisiert. Die Clubs verdienen nur Geld, wenn sie Training anbieten. Entsprechend kreativ sind die Amerikaner auch was das Onlinetraining für ihre Kundschaft angeht. Psychologiestunden, Einzeltraining, Kraftworkouts und eben Fechttraining in Theorie und Praxis werden als Paket angeboten. "Natürlich schaut man da auch mal rein, wenn es möglich ist. Der deutsche Fechttrainer Ralf Bissdorf von Marx Fencing in Boston hat mir da ein paar gute Einblicke gegeben. Da kann man viel lernen." erzählt Peche.

Gemeinsam mit dem Universitätssportzentrum der TU Dresden brachte Robert Peche Anfang April einen Online-Anfängerkurs für Fechten ins Netz. Inzwischen sind fast 30 Studenten eingeschrieben und lernen per Zoom die ersten Schritte im Fechtsport. "Ich glaube das war auch eine Deutschlandpremiere. Yoga, Kraft oder Gymnastik am PC zu machen ist sicherlich schon verbreitet, aber im Fechten habe ich sowas noch nicht gesehen." berichtet Peche stolz.

Auch im Kreise der Trainer und bei der Vorstandsarbeit gab es Neuerungen im Fechtclub Radebeul. Ein bis zweimal pro Woche sitzt Peche jetzt online mit Trainern anderer Clubs zusammen. "Wir machen Videoanalyse, tauschen Ideen aus und versuchen uns weiterzubilden." erklärt er. Und auch im Vorstand gab es vor ein paar Tagen eine Premiere. Die erste digitale Vorstandssitzung der Vereinsgeschichte.

Jetzt Mitte April steht der Vereinssport noch still. Aktuell ist nicht absehbar, wann es weitergeht. Aber irgendwann wird es weitergehen. Im Vorteil werden dann die sein, die während der Krise in ihr Training und in ihre Vereine investiert haben. "Bisher haben wir keine Kündigungen durch Corona im Verein. Die Sportler und Eltern loben unsere Onlineaktivitäten. Eine Weile lässt sich so trainieren, aber natürlich muss es eine Perspektive geben, Degen und Florett wieder in die Hand zu nehmen und sich im Kampf zu messen. Es ist Training im Krisenmodus, aber auch eine Chance mal neue Wege zu gehen." so das Fazit des Trainers.

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